Im ausgehenden 19. Jh. war der Traum eines kleines Häuschen mit Garten für ungelernte Fabrikarbeiter kaum realisierbar. Zu den wenigen Erfolgreichen durfte sich der Schuharbeiter Josef Hänsli zählen, der 1892 für sich und seine vierköpfige Familie in Däniken ein Haus erwerben konnte. Dank seiner minutiösen Buchhaltung erfährt man viel Interessantes über das Alltagsleben vor 120 Jahren.
Josef Hänsli übte, wie die meisten Bally-Fabrikarbeiter in jener Zeit, eine Doppelbeschäftigung aus: Fabrikarbeiter und Kleinbauer.
Bis 1877 gab es keine kantonale Beschränkung der Arbeitszeit. Mit der Einführung des eidg. Fabrikgesetzes begannen sich die Arbeitsbedingungen für Fabrikarbeiter/innen vom anfänglichen 14 bis 15 Stunden-Tag auf die fortschrittlichen 10 Stunden bei C.F. Bally einzupendeln. 1890 schloss Bally um 17 Uhr die Fabrik. Ausserdem gab es eine Arbeitszeitverkürzung an Samstagen. Diese Voraussetzungen haben es den Arbeiter/innen erleichtert, einem Nebenerwerb nachzugehen. Bally war der Ansicht, dass Ungelernte ihren Haupterwerb anderswo erwirtschaften und die 10-Stunden Fabrikarbeit lediglich ein Zusatzeinkommen darstelle!
Als Fabrikarbeiter bei Bally, verdiente der 35-jährige Josef Hänsli 1895 einen Jahreslohn von 980 Franken. Seine Frau Karoline erwirtschaftete weitere 445 Franken aus dem landwirtschaftlichen Nebenbetrieb.
Verschiedene Anlässe im Dorf und in der Umgebung lockerten den strengen Alltag etwas auf. Zu diesen willkommenen Höhepunkten unter dem Jahr gehörten die Chilbi, ein Zirkusbesuch in Olten und ganz sicher die Abendunterhaltungen und Theateraufführungen in der St. Josefsanstalt. Diese Veranstaltungen in Däniken waren in der weiten Umgebung sehr beliebt. Um einen Platz im Sääli des Kinderheims zu ergattern, musste man früh da sein, sonst riskierte man, auf eine nachfolgende Aufführung vertröstet zu werden.
Auch das kirchliche Leben präge den Rhythmus der Familie von Josef Hänsli. Gemäss seinem Tagebuch nahm er jedes Jahr im August an der Marienprozession teil. Ebenso gehörte zu den fixen Ausgaben eine alljährliche Pilgerfahrt nach Einsiedeln.
Autorin: Marianne Frei
Quelle: «Geschichte des Kantons Solothurn 1831–1914, Band 4/Teil 2»
Publiziert: Däniker Spate Ausgabe Juni 2015
Nachfolgendes Foto
Familie Josef und Karoline Hänsli-Meier, mit Kinder Josef (ganz links), Wilhelm und Marie, Aufnahme von 1905, erhalten von Irène Hänsli.